Ökonomischen Netz der Störenfriede

Betrachtet man kühl die Überbleibsel der Vergangenheit, ergibt sich ein weniger ruhmreiches Bild. Zwar heißt es im 1. Buch der Könige, dass Salomo 957 vor Christus auf dem Zionsberg ein vergoldetes Heiligtum erbauen ließ, für das angeblich 150 000 Steinhauer und Lastträger schufteten. Doch auch von diesem Prachttempel ließ sich bislang kein Krümel nachweisen. Außerdem haben die Hebräer nie allein im Gelobten Land gelebt. Es gab dort immer ein Gewirr an Völkern. Wem wann warum welches Stück Land gehörte, war selten unstrittig. Bis etwa i20a vor Christus, so viel ist klar, beherrschten eindeutig die Ägypter das Land. Die Levante war ihre Kolonie. Der Pharao kontrollierte die Städte und Märkte. Er betrieb in der Wüste Sinai Türkis- und Kupferminen. Über eine Trasse, den „Horusweg“, der vom rechten Nilarm zur Garnisonsstadt Gaza führte, eilten seine Truppen im Alarmfall in nur elf Tagen heran. Streng bewacht wurde vor allem der Luxushandel entlang den Fernstraßen. Auf zwei Dinge waren die Ägypter besonders scharf: Purpurschnecken zur Farbherstellung und Zedern, die als Bauholz dienten. Beides kam aus dem Libanon. Die umherwandernden Schasu waren in diesem weit gespannten ökonomischen Netz nur Störenfriede. Bereits Pharao Sethos 1. brüstete sich im Jahr 1290 vor Christus, er habe sie „zu Leichenhaufen‘ getürmt. Ein Bild zeigt ihn in einem Kampfwagen, an dem abgeschnittene Nomadenköpfe baumeln. Abertausende Steppenhirten gerieten damals bei Razzien in die Fänge der Pharaonen. Amenophis ll. ließ Schasu massenhaft einfangen und in die Steinbrüche und Minen abkommandieren. Die biblische Legende von der Knechtschaft der israeliten am Nil – hier könnte sie ihren Ausgang genommen haben. Dann aber folgte der Bruch: Ägypten geriet ins Taumeln und verlor die Macht über seine Kolonie. Der Grund: Um 1200 vor Christus stürmten Eindringlinge aus Europa und Kleinasien mit rumpelnden Ochsenkarren heran. Andere kamen mit dem Schiff übers Meer. Die Leute stammten von Kreta, Zypern oder den Ionischen Inseln. Ein gigantisches Völkerheer, gierig nach Land. Zwar gelang es Pharao Ramses 111., die Angreifer zu stoppen und sie an der Küste Palästinas anzusiedeln. Dort vermischten sich die Fremden untereinander. Es entstand eine neue Ethnie: die Philister.

Zur Ruhe aber kam die Welt nicht. Bald stritt jeder mit jedem. Städte wurden niedergebrannt, Paläste erstürmt. Als sich Ägypten um 130 vor Christus endgültig zurückzog, folgte der totale Kollaps. Der Zusammenbruch traf auch das Hinterland bis hinab nach Arabien, wo die Nomaden mit ihren Herden weideten. Als Produzenten von Fleisch. Käse und Fellen waren die Stämme auf den Handel mit den Städten an der Küste angewiesen. Dort konnten sie Getreide eintauschen. Doch diese Orte waren nun kaputt. Also griffen die Viehhüter selbst zum Pflug. Eine massive Besiedlungswelle er- fasste das zentrale Bergland zwischen der Jesreel-Ebene und dem Tal von Beerscheba. Von 1200 bis 1000 vor Christus stieg die Zahl der Dörfer massiv an. Am Ende waren aus 30 Orten über 250 geworden. Die Urzeile Israels. Ihre winzigen Dörfer lagen meist auf Bergspitzen. Im Innenhof der Lehmhütten stand Vieh. Regen fing man in vergipsten Zisternen auf. Die Siedlungen hatten zunächst weder Tempel noch Speicher. Immerhin besaßen die Leute bereits einen Kultplatz. Die Bibel erwähnt, dass er in Schilo lag. Dort stand die Bundeslade aus Akazienholz. Dass sich darin zwei Gesetzestafeln befanden, ist allerdings eine Erfindung aus späterer Zeit. Etwa um 1050 vor Christus beruhigte sich die Lage etwas.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.